28.06.2022
Die drei Krisenstufen
Russland drosselt seit Monaten den Gasexport nach Deutschland stark. Die Gaspreise steigen stetig. Welche Maßnahmen ergreift der Staat bei solch einer Versorgungskrise eigentlich? Und was bedeutet das für dich, wenn du auf Gas angewiesen bist?
Im Jahr 2017 verabschiedete die Europäische Union eine Verordnung, auf die der aktuelle Notfallplan Gas der Bundesregierung basiert, von dem du wahrscheinlich schon gehört hast. Er soll die Gasversorgung sicherstellen und besteht im Kern aus drei Stufen: der Frühwarnstufe, der Alarmstufe sowie der Eskalationsstufe.
Die Frühwarnstufe
Sie trat bereits am 30. März in Kraft und ist eine Art Vorsichtsmaßnahme, ohne dass der Staat in den Energiemarkt eingreift. Es gab also keinen Ausschluss von bestimmten Kunden oder Unternehmen. Alle wurden in vollem Umfang beliefert. Die Analyse der Situation sowie die Vorbereitung auf eine Verschlechterung der Lage standen erst einmal im Vordergrund.
Die Alarmstufe
Bis zu 60% weniger Gasexport und der Anstieg der Gaspreise in den folgenden Monaten veranlassten Bundeswirtschaftsminister Habeck jedoch am 23. Juni die zweite Stufe, also die Alarmstufe, auszurufen. Der Markt kann die bereits spürbaren Störungen noch alleine bewältigen. Marktbasierte Maßnahmen wie die Umschaltung auf alternative Energieträger oder die Einsparung von Energie sorgen zum Beispiel dafür, dass die Versorgung gesichert ist.
Die gesetzliche Seite
Allerdings ermöglicht die Alarmstufe dem Staat im Gegensatz zu der Frühwarnstufe, die übliche Preisgarantie, die dein Vertrag enthält, unter Umständen auszuhebeln. Die Preisgarantie könnte dann beendet werden. Gesetzliche Grundlage für diesen Eingriff ist § 24 Energiesicherungsgesetz (EnSiG).
Bei sehr geringen Lieferungen und weiter steigenden Preisen etwa, dürfen dann die Gasversorger die erheblichen Mehrkosten direkt, sofort und auch in Form sprunghafter Erhöhungen an ihre Kunden weitergeben, damit sie selbst nicht in Schwierigkeiten geraten und die Versorgung weiterhin gewährleisten können.
Im Augenblick verzichtet der Staat auf die Aktivierung der im Energiesicherungsgesetz enthaltenen Preisanpassungsklausel, da es keine erhebliche Reduzierung der Gasimporte gibt. Du hättest in dieser Situation aber auch ein außerordentliches Kündigungsrecht.
Damit es erst gar nicht zu solch einer dramatischen Lage kommt, plant der Staat aktuell eine Umlage einzuführen. Die Kosten der Preissprünge sollen gleichmäßiger auf die Gesamtheit aller Gasverbraucherinnen und -Verbaucher verteilt werden. Das würde strauchelnde Gasunternehmen stabilisieren, da sie zurzeit alleine für die Mehrkosten und die steigenden Preise aufkommen müssen.
Die Eskalationsstufe
Liefert Russland überhaupt kein Gas mehr, dann wird die Eskalationsstufe ausgerufen. Erhebliche Lieferausfälle und noch höhere Preise wären die Folge. In diesem Fall greift der Staat aktiv ein und beauftragt die Bundesnetzagentur als Verteiler aufzutreten. Sie entscheidet in diesem Fall, wer Gas erhält und wer nicht.
Ganz wichtig für dich: zuerst muss die Industrie handeln und Anlagen abschalten, Privathaushalte sind besonders geschützt. Nur in besonders extremen Situationen, etwa wenn ein kompletter Gaslieferstopp und ein sehr langer und kalter Winter zusammenwirken, kann auch die Versorgung der Haushalte schwierig werden.
Was du tun kannst
Hast du gewusst, dass 14,5 Prozent der deutschen Stromerzeugung 2021 durch den Einsatz von Erdgas entsteht? Es ist daher sinnvoll, generell Energie zu sparen. Ganz gleich, ob Strom oder Gas.
Die meiste Energie verbrauchen wir übrigens im Haushalt für Warmwasser und Heizung. Gefolgt vom Strom für die Elektrogeräte. Dusche einfach etwas kürzer, setze einen sparsamen Duschkopf ein und verzichte auf den Wäschetrockner. Und bereite dich schon auf die Heizsaison vor. Erhöhe den Wirkungsgrad von Heizkörpern mit Hilfe eines hydraulischen Abgleiches oder schaffe dir smarte Heizthermostate an.
Autor: Yippie